Japanorama & Ostasientag 2018

Auch im heurigen Jahr fand das Japanorama vom 12. bis 16. März statt, welches am Montag mit dem Ostasientag begann, der von Alexandra Schiefert vom Institut der Koreanologie organisiert wurde, und vom Institutsvorstand der Ostasienwissenschaften Univ.-Prof. Dr. Rüdiger Frank eingeleitet wurde. Vize-SPL Univ.-Prof. Dr. Ina Hein ehrte im Anschluss die Absolventen, ehe der erste von drei Gastvorträgen folgte, in dem sich Dr. Norbert Mosch mit Taekwondo in Bezug auf Koreas Beitrag zu Olympia auseinandersetzte.

Als nächstes ergriffen 5 aktuelle AbsolventInnen des Instituts das Rednerpult und präsentierten ihre Masterarbeiten: Lena Knauder (EcoS) mit einem Vergleich zwischen Huawei und Samsung Electronics bezüglich Innovationen, Niko Nagl (KOR) über regionale Dialekte in Südkorea, Timna Michlmayr (SIN) über die Rolle von Land in der Finanzierung lokaler Schulden, Reinhard Christoph Endres (EcoS) mit einer Analyse von Geschäftspraktiken der Firmen Ayala und Samsung sowie Christina Gmeinbauer (JAP) mit einer Analyse des "Eigenen" und "Fremden" in 3 japanischen Computerspielen.

Anschließend bot MMag Dieter Schwank, der als Regionalmanager Fernost/Ozeanien in der Sparte Außenwirtschaft Austria der WKO für die Betreuung österreichischer Firmen in Asien und Ozeanien zuständig ist, einen Einblick in die Wirtschaft Chinas, Koreas und Japan sowie deren Beziehung zu Österreich.

Den Abschluss des Ostasientages bildete Dr. Peter Mendl, Generalsekretär des Österreichischen Olympischen Komitees (ÖOC), der neben einem kurzen Ausblick auf die Olympischen Sommerspiele 2020 in Tōkyō sowie die Winterspiele 2022 in Beijing über die erst vergangenen Winterspiele in Pyeongchang erzählte.

Mit einem gemütlichen Ausklang bei einem asiatischen Buffet endete hier der Ostasientag 2018, die Japanorama 2018 mit einem Schwerpunkt der japanischen Kampfkünste allerdings hat damit erst begonnen.

Am Dienstag durften wir den Präsidenten der Österreichisch-japanischen Gesellschaft (ÖJG) Dr. Diethard Leopold begrüßen, der einen Vortrag über Kyūdō, das traditionelle japanische Bogenschießen, und die darin enthaltenen Elemente der japanischen Kultur sowie philosophische Elemente hielt. Leopold, der selbst Kyudo-Trainer ist und das Buch "Shinto in der Kunst des Bogenschießens" veröffentlichte, zeigte gemeinsam mit Inge Frischengruber in einer Demonstration die Besonderheiten dieser Sportart, die gleichzeitig körperlich-geistige Unausgewogenheiten bereinigt.

Dr. Wolfgang Herbert, den man guten Gewissens als Koryphäe auf dem Gebiet der Japanologie bezeichnen kann, bot am Mittwoch einen Blick in die Geschichte des Karate, vom Mönch Bodhidharma, dem angeblichen Urvater der Shaolin-Künste, in China begründet wurde. Die Kampfkunst wurde nach Okinawa gebracht, den Weg auf das Festland fand es erst viel später, wo es zur japanischen Volkssportart avancierte. Dieses Karate hat laut Dr. Herbert allerdings nicht mehr viel mit dem ursprünglichen Karate aus Okinawa zu tun. Die geschichtliche Reise schloss er mit einer Selbstvorführung verschiedener Stellungen und Techniken aus traditionellem und modernem Karate ab.

Ueshiba Morihei, der Begründer des Aikidō, stand am Donnerstag ganz im Mittelpunkt im Vortrag von Dr. Stefan Köck (Österreichische Akademie der Wissenschaften: Institut für Kultur- und Geistesgeschichte Asiens). Dr. Köck erzählte über Moriheis Anfänge in den Kampfkünsten, seiner Zeit beim japanischen Militär und schließlich den Wendepunkt in Moriheis Leben, als dieser erkannte, dass die Kampfkünste nicht zum Töten geschaffen sind, sondern zum Unterbinden von Kämpfen. Das Verständnis von Budō wandelte sich komplett für Morihei, was sich auch in seinen Lehren zeigte. Die Unterschiede vor und nach dem Wandel wurden auch durch eine Demonstration von Dr. Köck nähergebracht.

Auch am Freitag gab es einen Vortrag über Karate und Okinawa. Stanislaw Meyer von der Jagiellonischen Universität in Krakau legte seinen Fokus auf Mythen und vor allem erfundene Traditionen in Bezug auf Karate, da sich Japan Karate als dessen Volkssportart einverleibt hatte, obwohl Karate ursprünglich der Stolz Okinawas war. Auch in den Logos verschiedener Karateschulen finden sich Symbole wie Sakura oder Samurais, die keine richtige Beziehung zur Kampfkunst haben. Mit möglichen Gründen, woher auch diverse Mythen, wie zb. die Erfindung Karates als waffenlose Form der Selbstverteidigung, kamen, schloss Meyer den Vortrag ab, womit auch das diesjährige Japanorama sein Ende fand.

Wir danken allen teilnehmenden Vortragenden und allen interessierten KollegInnen, die die Vorträge besucht haben!

(Christoph Lindner)


Programm

12.03.–16.03.2018

Institut für Ostasienwissenschaften (IOAW) Seminarraum 1, Japanologie

Di, 13.03.2018, 18:30

Diethard Leopold (Gestalttherapeut, Kyudo-Trainer), Inge Frischengruber

Vortrag & Demonstration

Kyūdō – der Weg des Bogens
Traditionelles japanisches Bogenschießen
(Poster)

Im Kyūdo finden sich wie in allen praktischen Künsten Japans viele Elemente der japanischen Kultur: Körperhaltung, Atemtechnik, Kleidung, Übungsraum (dōjō) und seine Etikette oder Einsatz im Shinto, aber auch eine praktische Philosophie des Nicht-Ich, die bei der Auseinandersetzung von Schützen/Schützin mit dem „Treffen-Wollen“ auf den Punkt kommt. Im Gegensatz zu den meisten anderen Kulturen steht man IN und nicht HINTER dem Bo-gen und macht so den eigenen Körper zu einem zweiten Bogen. Dadurch werden körperlich-geistige Unausgewogenheiten und das Energieniveau des Geschehens viel direkter spürbar als in anderen Formen des Bogenschießens und das Üben wird potenziell zu einem „Weg“, der sich mit dem Weg des Lebens verbindet.

Mi. 14.03.2018, 18:30

Wolfgang Herbert (Tokushima University)

Vortrag & Demonstration

Aus Okinawa nach Olympia: Geschichte, Metamorphosen und Zukunft des Karate-dō (Poster)

Von Bodhidharma, dem legendären Gründer (?) des Shaolin-Tempels, wird die Reise der heute als Karate bekannten Selbstverteidigungmethode mit bloßen Händen und Füßen von China nach Okinawa und Japan und in die Welt nachskizziert. Die großen Transformationspha-sen lassen sich wie folgt charakterisieren: 1) Von China nach Okinawa: Amalgamierung mit lokalens zur schulischen Leibes-erziehung 2) Von der Geheimtradition zur schulischen Leibeserziehung 3)“Japanisierung", Militarisierung und Aufsplitterung in “Stilrichtungen” (ryūha) auf der Hauptin-sel 4) Systematisierung nach sportwissenschaftlichen Kriterien und Internationalisierung, Wettkampf 5) “Athletisierung”, Kandidatur als Olympische Disziplin Tokyo 2020, Einflüsse aus Mixed Martial Arts

Do. 15.03.2018, 18:30

Stefan Köck (Österreichische Akademie der Wissenchaften, IKGA)

Vortrag & Demonstration

Das Ende allen Kämpfens? – Reflexionen über die Entwicklung von Ueshiba Morihei’s Verständnis von „Budō“ (Poster)

Wer sich mit japanischen Kampfkünsten beschäftigt, wird früher oder später mit der Äußerung konfrontiert, dass diese doch eigentlich das Ziel verfolgen, Kämpfen zu unterbinden. Begründet wird diese Ansicht zumeist mit einer Interpretation des Schriftzeichens bu (武). Handelt es sich hierbei nur um ein Klischee, mit dem überkommene Formen der Konfliktlösung durch physische Gewalt für den Zeitgeschmack genießbar gemacht werden sollen? Oder lassen sich tatsächlich Hinweise finden, dass ein moralischer Anspruch, der mit dieser Äußerung verbunden ist, mehr als ein bloßes Lippenbekenntnis sein könnte?

Fr. 16.03.2018, 18:30

Stanislaw Meyer (Jagiellonian University, Krakow)

Vortrag

From invented traditions to distorted history: Okinawa as portrayed in narratives of karate (Poster)

Popular narratives in the West often depict karate as Japanese martial art embodying the spirit of samurai. Such karate is a typical example of “invented tradition”, given the fact that in Okinawa, where karate was born, there were never samurai. This is not to say that karate is “fake” or “untrue” and thus lacks legitimacy to represent Japanese traditions. The problem lies else-where: karate narratives often confuse Okinawa with Japan and depict the entire Okinawan past by means of Japanese imagery, as if Okinawa had always been an integral part of Japan.

Ostasientag

am Mo. 12.03.2018 | 9:30–14:30

Programm:

09:30 Begrüßung durch Rüdiger Frank (Institutsvorstand)

09:45 Bericht, Ehrung der Absolventen durch Ina Hein (Vize-SPL)

10:00 Gastvortrag Dr. Norbert Mosch: "Koreas Beitrag zu Olympia – Entwicklung und Hintergründe des Taekwondo"

10:30 - 10:45 Kaffeepause

10:45 Vorstellung der Masterarbeiten von Studierenden der Ostasienwissenschaften 

Lena Knauder (EcoS): "Comparing the innovation processes of two East Asian companies concerning economic success in nowadays world, according to a Schumpeterian framework: The cases of Huawei and Samsung Electronics"

Niko Nagl (Koreanologie): "Regionalismus und Stereotypen: Die Perzeption regionaler Dialekte in Südkorea"

Timna Michlmayer (Sinologie): "Landfinanzierung in China - Legitimation einer Lösung auf Zeit: die Rolle von Land in der lokalen Schuldenfinanzierung unter besonderer Berücksichtung von 'Special Revenue Bonds'"

11:30 - 11:45 Kaffeepause

13:00 Gastvortrag MMag Dieter Schwank: "Ostasien: Wirtschaft und bilateraler Handel"

13:30 Gastvortrag Dr. Peter Mennel: "Olympische Winterspiele in Pyeongchang"

Ab 14:00 Asiatisches Buffet im Studierraum der Japanologie (1. Stock)

Link zur Ostasientag-Homepage