Glück in Japan

Was ist das japanische Verständnis von Zufriedenheit? Wie zufrieden oder unzufrieden ist die japanische Gesellschaft? Die Brisanz solcher Fragen wird vor dem Hintergrund der stetig wachsenden Menge an Publikationen zur Glücksforschung deutlich. Die aktuelle Forschung wirft Zweifel auf an vereinfachenden Gleichsetzungen von gesellschaftlichem Wohlstand mit Glück oder wirtschaftlicher Entwicklung mit sozialem Wohlergehen. Seit über zwei Jahrzehnten steht Japan vor den Herausforderungen, die niedrige Geburtenraten, wirtschaftliche Stagnation und regionale Disparitäten mit sich bringen, und die Nachwirkungen des großen Tōhoku-Erdbebens von 2011 verleihen der Frage, was Japanerinnen und Japaner glücklich macht, einen speziellen Beiklang.

Der Großteil der Glücksforschung ist in den Wirtschaftswissenschaften und der Psychologie beheimatet. Dieses Projekt fügt dem Diskurs eine spezifische Facette hinzu, indem sowohl gesellschaftliche Strukturen als auch Akteure in den Fokus der Untersuchung gerückt werden. Qualitative Forschungsmethoden sollen die kulturelle Variabilität von Glück als diskursivem Konstrukt erfassen, während quantitative Analysen Einsichten in die Unterschiede des Glücklichseins von sozialen Gruppierungen und über den lifecourse hinweg generieren sollen.

Ziel dieses Projektes ist es, neues Wissen über die Zusammenhänge von soziostrukturellen Aspekten, individuellem Handeln und Glück im gegenwärtigen Japan zu generieren. Dabei werden vor allem drei Ziele verfolgt:

  • Erkenntnisse gewinnen zur Frage, was das Leben für verschiedene Altersgruppen innerhalb spezieller gesellschaftlicher Milieus in Japan lebenswert macht;
  • Verständnis davon zu fördern, wie kulturelle Institutionen, soziale Beziehungen, Wirtschaft und Politik auf objektive Aspekte des Wohlbefindens sowie deren subjektive Wahrnehmung einwirken;
  • einen Beitrag zum weltweit aufkeimenden Diskurs über Glück und Zufriedenheit am Fallbeispiel Japan zu leisten.

Anthropologische und soziologische Studien bilden den Ausgangpunkt für eine Theoretisierung des Zusammenspiels von Institutionen und ihrer subjektiven Wertschätzung als Eckpfeiler von gesellschaftlichem Wohlbefinden. Das Studium Japans kann aufzeigen, wie moderne, hochkomplexe Gesellschaften auch im Angesicht von Krisen und Unruhen Kohärenz bewahren können.

Das Projekt wurde 2012 als Kollaboration zwischen dem Deutschen Institut für Japanstudien Tokyo und dem Institut für Ostasienwissenschaften/Japanologie der Universität Wien ins Leben gerufen. Als Teil des Projekts initiierten die Projektleiter zwei Konferenzen zum Thema Glück in Japan. Die internationale Konferenz Deciphering the social DNA of happiness in Japan fand im April 2014 an der Universität Wien statt; der Workshop All for the good life - anthropological and sociological perspectives on happiness in Japan wurde im Rahmen der Konferenz der European Association of Japanese Studies (EAJS) im August 2014 in Ljubljana in der Sektion Soziologie/Anthropologie abgehalten.

Aus den Ergebnissen dieser Diskussionen sind die Sammelbände Life course, happiness and well-being in Japan und Happiness and the good life in Japan mit anthropologischen und soziologischen Studien über Japan entstanden.


Projektleitung