Interview mit Clara Momoko Geber

Clara Momoko Geber hat 2019 das Masterstudium der Japanologie erfolgreich absolviert. Als halb Japanerin und halb Österreicherin, die in Wien aufgewachsen ist, hat sie einen ganz besonderen Bezug zu Japan und dem Studium selbst. Für die vergangenen zwei Jahre war sie auch als Studienvertreterin sowie Tutorin tätig und hat dabei vielen Studierenden bei Fragen und Problemen im und um das Studium weitergeholfen.  Im Sommer dieses Jahres hat sie eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin und Doktorandin der Japanologie an der Freien Universität Berlin angenommen um ihre wissenschaftliche Karriere weiter voranzutreiben.

 

Wenn du an den Anfang deines Studiums zurückdenkst: Was waren deine Erwartungen und Vorstellungen? Inwiefern haben sich diese geändert oder bestätigt?

Ich habe mit Japanologie nach einem Karriereumschwung begonnen. Davor habe ich mich meiner künstlerischen Karriere gewidmet und wollte Pianistin werden. Ich habe dann aber beschlossen mich eher mit mir selbst auseinanderzusetzen und Japanologie zu studieren. Es geht eher auf meine Wurzeln zurück und erlaubt mir auch besser über meine Japanisch-Sprachkenntnisse zu verfügen. Also meine Erwartung an das Studium war, erstens einmal besser Japanisch zu lernen und auch mehr über die Kultur zu erfahren. Die Alltagssprache war für mich kein Problem, da ich zweisprachig aufgewachsen bin. Aber Kanji schreiben und lesen konnte ich nicht. Das war dann doch ein sehr großer Teil des Studiums, der zu Beginn eine Hürde war.

Geändert hat sich meine Erwartung dann vor allem dadurch, dass ich mit dem wissenschaftlichen Schreiben konfrontiert wurde, und mir bewusst wurde, dass Japanologie kein Sprachstudium ist, sondern ein wissenschaftliches. Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Dementsprechend hat sich dann mein Zugang zum Studium auch verändert.

 

Deine Masterarbeit ist ja über Lieder...

Genau. Ich habe über Lieder japanischer Kriegsgefangener in der Sowjetunion nach dem zweiten Weltkrieg geschrieben. Da war die Masterarbeit insofern perfekt für meine Interessensschwerpunkte, weil alle Bereiche unter einen Hut gebracht wurden. Ich habe ja nach dem ersten Jahr Japanologie aus eigenem Interesse auch mit Slawistik begonnen und wollte die russische Sprache intensivieren, da ich während dem Gymnasium vier Jahre Russisch hatte. Auch mein Verständnis für die russische Kultur wollte ich erweitern, da ich durch das Klavier vor allem russische Komponisten sehr geliebt habe. Slawistik habe ich aber nicht fertig studiert. Das war für mich eher eine Interessensergänzung. Zurzeit beende ich aber noch das Masterstudium "Kulturmanagement" an der Universität für Musik und darstellende Kunst in Wien, da es eine sehr gute, praktische Ergänzung für meine wissenschaftliche Laufbahn ist.

 

Und wenn du weiter an deine Studienzeit zurückdenkst: Was war für dich schwierig, was waren große Herausforderungen?

Das Schwierigste war für mich meine beruflichen Tätigkeiten mit dem Studium zu vereinbaren. Ich wollte finanziell abgesichert sein und habe dementsprechend unterschiedliche Arbeitstätigkeiten verfolgt. Ich habe teilweise 20 Stunden in der Woche gearbeitet, vielleicht auch mal 30 oder 40. Dabei habe ich viel Japanisch unterrichtet. Ab Anfang des Studiums habe ich begonnen aus Spaß Nachhilfe zu geben. Ich habe dann auch eine Stelle als Japanisch-Lehrerin an der Nihongo Gakkō (Japanisch-Schule) in Wien bekommen und war als Tutorin hier an der Japanologie tätig.

Dann habe ich mich als Übersetzerin und Dolmetscherin quasi selbstständig gemacht und habe mein Netzwerk immer weiter vergrößert, was sehr spannend war. Ich habe dann auch sehr interessante Einblicke in Institutionen bekommen, in denen ich verschiedene Aufträge angenommen habe – Und mich gleichzeitig damit auch absichern können.

Es war mir wichtig, dass ich meine japanologischen Kenntnisse auch wirklich verbessern und erweitern kann. Dementsprechend wollte ich Arbeitstätigkeiten verfolgen, von denen ich auch im Studium profitieren kann, was interessanterweise – vielleicht auch durch Glück – immer sehr gut funktioniert hat

 

Und was waren für dich die positiven Seiten des Studiums?

Also am meisten Spaß gemacht hat mir meine Masterarbeit. Das ist der Grund warum ich das weiterverfolgen und eine Dissertation schreiben möchte. Das war das akribische Arbeiten mit einem bestimmten Material, dass man sich hinsetzen muss und auch quasi ein Arbeitsfeld, das bisher kaum erforscht wurde, für sich erarbeitet. Das ist für mich wahnsinnig spannend, fast schon wie eine Detektivarbeit. Ich liebe es auch mich in Thematiken einzulesen und natürlich darüber reden zu können.

Auch meine Betreuerin, Frau Professor Hein, hat mir sehr viel gelehrt und auch Zeit und Muße investiert in meine Arbeiten. Was ich an der Japanologie sehr schön finde ist, dass man, weil wir so ein kleiner Fachbereich sind, auch individuell gefördert werden kann. Das heißt, wenn man zeigt, dass man motiviert ist und auch wirklich etwas leisten möchte kriegt man wahnsinnig viel zurück. Ich muss sagen, ich wurde da sehr stark gefördert und bin demnach auch sehr dankbar.

 

Es ist wahrscheinlich auch wichtig, dass man selbst die Initiative ergreift und sich traut?

Genau! Also dass man sich wirklich traut Interesse zu verkünden und auch aktiv wird. Ich glaube, dieses passive Dasein als Student ist immer häufiger, weil man sich denkt: Okay, man schreibt jetzt seine Prüfungen und dann ist das erledigt. Aber eigentlich kann man soviel mehr aus dem Angebot der Uni Wien herausholen. Als Studierende habe ich so viele Möglichkeiten mich weiterzubilden, auch außerhalb des Angebots meines Hauptstudiums (weshalb ich eben Slawistik dazu genommen habe). Auch die Vorträge, die hier angeboten werden – Das war wahnsinnig wichtig auch für mich um herauszufinden woran ich selbst forschen möchte.

 

Wenn du jetzt an dein persönliches Studium denkst: Welche Begriffe assoziierst du damit?

Also für mich war vor allem das letzte halbe Jahr wahnsinnig spannend, wo ich eine richtig veröffentlichte wissenschaftliche Arbeit schreiben konnte, die länger ist und wo ich jetzt selber auch eine Spezialistin bin und mich damit in einer Branche positionieren kann.

Dann wahrscheinlich abwechslungsreich. Aber das womöglich nur in meinem persönlichen Fall, weil ich versucht habe während dem Studium in unterschiedlichen Branchen einen Einblick zu bekommen. Eben weil ich nach einem Karriereumschwung mit Japanologie begonnen habe und herausfinden wollte wie ich mich beruflich in diesem Feld positionieren kann.

Und als dritter Begriff: viel zu kurz. Vor allem das letzte Jahr ging sehr schnell vorüber und da denke ich mir, dass ich das vielleicht noch mehr hätte genießen können.

 

Was möchtest du als Absolventin deinen kōhai mit auf den Weg geben?

Was mir wahnsinnig viel gebracht ist sich mit anderen Personen auszutauschen. Um selber herauszufinden was ich machen möchte war es sehr wichtig auch Gespräche mit meinen senpais zu führen – und auch mit Personen, die ich sehr respektiere und schätze für ihre Arbeit. Ich möchte auch empfehlen, dass man selbst aktiv wird und alles ausprobiert was einen interessiert, solange es eben möglich ist. Und auch keine Angst davor zu haben andere Personen anzuschreiben. Vor allem heutzutage durch die digitalen Medien, wenn man über Facebook, LinkedIn oder Xing eigentlich sehr einfach Kontakt mit anderen in der eigenen Branche aufnehmen kann. Ich möchte da wirklich dazu motivieren, dass man das nutzt.

 

Gibt es sonst noch Punkte, die für dich wichtig sind, die du mitteilen möchtest?

Vielleicht, dass man keine Angst haben sollte vor dem Studium. Ich glaube, dass man doch eine sehr große Barriere hat, wenn man von der Schule kommt und dann an einer universitären Institution eingebunden wird. Und man ist dadurch womöglich eher eingeschüchtert. Als Studienvertreterin möchte ich den Studierenden sagen, dass jeder als Persönlichkeit und nicht nur als Matrikelnummer existiert. Dementsprechend auch bei uns an der Japanologie, weil sie so ein kleiner Fachbereich ist, zählt die individuelle Leistung sehr viel und man kann, wenn man es möchte, auch positiv auffallen.

 

Vielen Dank für das Gespräch!

Danke für die Einladung!

 

April 2019