Taidan 対談: Podiumsgespräch mit Levy Hideo und Tawada Yôko

29.07.2015

Di, 06. Oktober 2015, 19:00-21:00

Die Fachrichtung Japanologie des Instituts für Ostasienwissenschaften an der Universität Wien hat die große Ehre und Freude, alle Interessierten herzlich zu einem Podiumsgespräch mit den zwei SchriftstellerInnen Levy Hideo und Tawada Yôko einzuladen. Beide sind sogenannte „exophone“ bzw. „grenzüberschreitende“ (ekkyô 越境) AutorInnen, die (auch) in einer anderen Sprache als ihrer Muttersprache schreiben: der gebürtige U.S.-Amerikaner Levy auf Japanisch, die Japanerin Tawada Yôko auf Deutsch. Sie werden in einem in Japan gängigen Format („taidan“ 対談) ein moderiertes Zwiegespräch führen. Die Veranstaltung findet in japanischer Sprache statt und wird ins Deutsche übersetzt. Nach dem Künstlergespräch ist eine Diskussion mit dem Publikum vorgesehen, bei dem ebenfalls gedolmetscht werden kann.


TAWADA Yôko 多和田葉子 wurde 1960 in Tokyo/Japan geboren. Von 1982 bis 2006 lebte sie in Hamburg, seit März 2006 in Berlin. Studium der Literaturwissenschaft in Tokyo, Hamburg und Zürich. Promotion. Yoko Tawada schreibt Gedichte, Essays, Erzählungen und Romane auf Deutsch und auf Japanisch. Ihre Themen sind u.a. Reisen (Wo Europa anfängt 1991), Magie der fremden Kulturen (Talisman 1996), Verwandlung des Körpers (Tübinger Poetikvorlesungen 1998, Opium für Ovid 2000), deutsche Sprache (Sprachpolizei und Spielpolyglotte 2007, Abenteuer der deutschen Grammatik 2010) und Tiere auf der Bühne (Etüden im Schnee 2014).

Levy Hideo リービ英雄 wurde 1950 in den USA geboren. Er wuchs in Taiwan und Hongkong auf und kam 1967 im Alter von 17 Jahren erstmals nach Japan. Levy machte sein Doktorat an der Princeton University; danach lehrte er japanische Literatur in Princeton und Stanford. Im Alter von 40 Jahren siedelte Levy nach Japan um; seitdem schreibt er Prosawerke und Essays in japanischer Sprache. 1992 Veröffentlichung seines literarischen Erstlingswerks Seijôki no kikoenai heya (A room where the star spangled banner cannot be heard, Kôdansha). Weitere Werke (u.a.): Chiji ni kudakete („In tausend Stücke zerbrochen“, Osaragi Jirô-Preis), Kari no mizu („Falsches Wasser“, Itō-Sei-Literaturpreis), Tairiku e („Zum Kontinent“).

Tawada Yôko über Levy Hideo (aus dem Essay „Metamorphosen der Namen“, Sprachpolizei und Spielpolyglotte, Konkursbuch-Verlag Claudia Gehrke, 2007):

„Es gibt einen amerikanischen Autor, der seine Erzählungen ausschließlich auf Japanisch schreibt. Wenn man seinen auf Japanisch geschriebenen Autorennamen in die lateinische Schrift transkribiert, lautet der Name ,Rîbi Hideo‘. Der Name ,Rîbi‘ ist aber bereits eine Transkription von ,Levy‘. Also, wenn ich hier ,Rîbi‘ schreibe, ist es die Transkription der Transkription.

Wenn er auf Englisch japanologische Arbeiten veröffentlicht, benutzt er den Namen ,Ian Hideo Levy‘. Sein zweiter Vorname ,Hideo‘, den er in dem Pseudonym als Vornamen verwendet, ist ein geläufiger japanischer Vorname. Der Autor erklärt, es sei die Idee seines Vaters gewesen, seinem Sohn einen japanischen Vornamen zu geben. Da es unter seinen jüdisch-europäischen Vorfahren keine einzige japanischstämmige Person gegeben hat, hat diese Namengebung nichts mit seiner Herkunft zu tun, so lange man die Herkunft auf der Skala der Genealogie sucht. Der Name trägt jedoch ein Stück Erinnerung aus der Lebensgeschichte des Vaters, der lange Jahre als Diplomat in Asien tätig war, mit sich. […]

Hideo Levys Erzählung ,Seijôki no kikoenai heya‘ (Ein Zimmer, in dem man die Sternenbahnen nicht hört), wurde 1987 im Märzheft der Zeitschrift Gunzô veröffentlicht. In demselben Jahr bekam er als Japanologe Tenure von der Universität Stanford, kehrte aber drei Jahre später zurück nach Tokyo, um dort als japanischsprachiger Autor zu leben. Er wollte lieber ,Rîbi Hideo‘ sein als ,Ian Hideo Levy‘.

Als Levys erster Erzählband erschien, sagten ihm einige seiner japanischen Kollegen, er solle japanische Literatur ins Englische übersetzen, anstatt Literatur auf Japanisch zu schreiben. Es gab keine negative Kritik an Levys Sprache. Anscheinend kam diese Ablehnung nur aus dem Grund, daß Levy Amerikaner ist. Wäre er Koreaner oder Chinese, hätten sie ihn sofort als japanischsprachigen Autor akzeptiert. Es gibt in der Tat viele ostasiatische Autoren, die auf Japanisch schreiben und im japanischen Literaturbetrieb eine wichtige Rolle spielen.“ 

Dienstag, 6.10.2015, 19:00-21:00
Elise-Richter-Saal
Universität Wien / Hauptgebäude
Universitätsring 1
1010 Wien